Ein letztes Sommerkleid

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… hab ich mir noch genäht.
Ziemlich genervt vom Schnitte-selber-basteln und der ewigen Anpasserei wollte ich endlich mal wieder ein Kleid einfach nur zusammennähen und anziehen. Ich habe außerdem immer noch ein paar offene Fragen zur Passform der Kleider aus den 20ern, also ging ich mal wieder auf die Suche nach einem originalen Schnitt. Ich wurde fündig, sogar in meiner Größe (bei Pattern Recall auf Etsy). Damit war meine Glücksträhne aber auch schon zuende, ohne Anpassungen genäht sah das Kleid nämlich so aus:

 

 

Das habe ich auch schon mit anderen Orginalschnitten erlebt (u.a. meinem Hochzeitskleid, ausgerechnet): Das genähte Kleid ist so groß, in allen Richtungen, dass es mit der Vorlage nicht mehr viel zu tun hat. Natürlich sind Modezeichnungen extrem unrealistisch, und natürlich muss man auch die Sehgewohnheiten einer Zeit mit anderen Modeidealen berücksichtigen, aber so richtig erklären kann ich mir das trotzdem nicht.

Also habe ich doch wieder angepasst, was das Zeug hielt, und heraus kam das hier:

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Ich bin mit dem Knopf am Ausschnitt nicht ganz glücklich (der Ausschnitt war zu tief, so dass ich mit dem Besatz ein bisschen tricksen musste; nun kann man da aber keine Schleife mehr draus machen), aber ansonsten ist das ein prima 20er-Jahre Kleid.

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Trotzdem bin ich gerade ein bisschen orientierungslos, was das Nähen angeht.

Ich besitze jetzt diverse Kleider mit diesen durchlaufenden Vorder- und Rückenteilen und seitlichen Falten und würde ganz gerne mal wieder was anderes nähen. Die tiefsitzende Taillennaht, die für die 20er so typisch ist, ist aber nur dann vorteilhaft, wenn man nullkommanull Bauch hat. Nicht der Fall bei mir. Das könnte ich natürlich einfach ignorieren. Mit gefällt aber momentan auch der weite Rücken nicht so gut, der beim Tragen jede Menge Falten macht.
Als ich kürzlich krank war, habe ich mich mal wieder ein bisschen durch die Vintage-Blogger-Szene geklickt und festgestellt, dass die 30er Jahre-Sachen in ihrer schmalen Eleganz eben doch auch wunderschön sind. Auch da müsste ich mich allerdings vom Bild meiner Figur von vor vier Jahren verabschieden. (Muss ich eben wohl sowieso, meh.) Aber vor allem hatte ich ja den Nächten mit Lockenwicklern abgeschworen. Andererseits habe ich neulich in einem Buch mit Bildern der wunderbaren Photographin Marianne Breslauer Porträts verschiedener Frauen mit glattem Kurzhaarschnitt gesehen, und zwar von 1933/34. Ich nehme an, dass diese Frauen eher freigeistigen, künstlerischen Kreisen angehörten, in denen mit Geschlechterrollen auch in der Kleidung experimentiert wurde. Aber das wäre ja vielleicht auch eine Option: stilistisch in eine etwas strengere Richtung zu gehen, Herrenhemd und Pullunder zum Rock oder so? Oder kriege ich in den morgendlichen Familienwahnsinn doch noch das Legen von ein paar Wasserwellen integriert? Hm …

Jetzt gibt es erstmal ein bisschen Kleinkram: einen Hut, ein Unterkleid, und dann versuche ich mich nochmal an einem Wintermantel (auch von Pattern Recall):

20er Wintermantel

Und dann sehe ich weiter.

4 thoughts on “Ein letztes Sommerkleid

  1. Ich kann verstehen, dass du dich auf Dauer etwas eingeschränkt füllst durch die Mode der 20er Jahre. Gönne dir doch ruhig etwas mehr Freiheit. Das Mantelprojekt ist sehr interessant!
    LG Monika
    PS. Bist du beim Nähbloggertreffen in Hamburg dabei?

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  2. Guten Tag Frau Buttonbox,
    ich finde deinen Blog so wunderschön und das was du nähst ebenfalls. Und ich bin erstaunt und voller Respekt, dass du dir so viel Mühe mit historischer Genauigkeit machst, das beeindruckt mich wirklich sehr. Ich bin Nähanfängerin mit großen Rosinen im Kopf, aber erstmal nähe ich einfach nur geradeaus und lerne. Dein Blog ist eine große Inspiration für mich, vielen vielen Dank dafür.

    Cornelia

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