Eine Warnung vorweg: Dieser Post ist nerdig, viel zu lang und wahrscheinlich ausschließlich für Leute interessant, die selber mit dem Klöppeln anfangen wollen. Ich bin auch noch nicht sehr lange dabei und bringe mir das Ganze selber und ohne kompetente Anleitung bei – alles was ich hier schreibe, ist also unter diesem Vorbehalt zu lesen. Da ich aber selber ganz gerne den einen oder anderen Erfahrungsbericht gelesen hätte, als ich mit dem Klöppeln anfing, berichte ich mal, was ich bisher herausgefunden habe.
Wie ich überhaupt dazu kam: Im vorigen Sommer waren wir anlässlich meines Geburtstages im Freilichtmuseum in Molfsee bei Kiel (immer wieder total schön), wo es zufällig gerade eine Ausstellung über alte Handarbeitstechniken gab – unter anderem saßen ein paar Damen in einer Tenne und klöppelten. Nun hatte ich mir als Mädchen mal anhand eines Buches die Grundlagen selber beigebracht, mittels eines zusammengerollten Sofakissens und langer Nägel als Klöppel. Ich bekam dann das richtige Equipment geschenkt und verbrachte einen sehr schönen Sommer mit meiner besten Freundin in Marburg, wo wir bei ihrer Oma wohnten und jeden Tag zur schon sehr alten Tante Annie pilgerten, um unter ihrer Ägide zu klöppeln. Das ist lange her, aber als ich in Molfsee diese vergnügte Runde mit ihren Klöppeln hantieren sah, wurde ich ganz zappelig, und es juckte mich sehr in den Fingern.
Dass mich das Klöppeln so fasziniert, hat zum Einen damit zu tun, dass ich es total toll finde, etwas so Schönes und Zartes und Feines wie Spitzen selber herstellen zu können. Es hat aber, wie all mein Handarbeiten, auch noch eine andere Dimension. Seit Jahrhunderten machen Frauen das: nähen Kleidung, stricken, sticken, klöppeln. Das auch zu tun,verbindet mich mit ihnen, ich stelle mich in eine Tradition weiblicher Tätigkeiten, die zum Teil auf hochprofessionellem Niveau ausgeübt wurden. Damit ehre ich sie und trage ihr Können (in meinen Grenzen) weiter.
Zum Material: Das, worauf ich hier klöppele, ist eine Klöppelrolle. In Deutschland wird das Klöppeln auf der Rolle meist mit der Tradition im Erzgbirge in Verbindung gebracht, wo dazu Hülsenklöppel verwendet werden – die ich allerdings nicht so schön finde. Ich benutze darum Klöppel, die eigentlich für ein Flachkissen gedacht sind. Das Klöppeln darauf hab ich auch mal ausprobiert, kam damit aber überhaupt nicht gut zurecht. Mit dieser hübschen kleinen Rolle dagegen bin ich sehr glücklich, allerdings braucht man für breitere Spitzen irgendwann eine größere. Für den Anfang ist sie aber prima. Und weil mir die Authentizität ja immer wichtig ist und es mich sowieso interessierte, habe ich mal recherchiert und festgestellt, dass zum Beispiel in Norditalien auch auf Rollen mit Klöppeln ohne Hülse geklöppelt wird – es hat also alles seine Ordnung, schließlich verbringen wir jeden Sommer in Ligurien (dort gibt es auch eine große Klöppeltradition, wie ich festgestellt habe. Auch ein Museum – mein Mann freut sich schon … ).
Da ich momentan leider keinen Klöppelkurs in meinem Leben unterbringen kann, habe ich mich an Bücher gehalten – Youtube bietet einiges, wenn man sich einen Eindruck verschaffen möchte, zum wirklichen Lernen hab ich da aber nichts gefunden. Hier also die Bücher, die bislang meinen Weg gekreuzt haben.
Für einen Überblick und den historischen Hintergrund von Klöppelspitzen kann ich dieses Buch wärmstens empfehlen:
Grundlegende Informationen über das Klöppeln und ausführliche über die verschiedenen Arten von Spitze – sehr informativ, gut aufgemacht und ein Augenschmaus.
Als Quasi-Standardwerk für das Klöppeln auf der Rolle kommt einem immer wieder dieses Buch unter (vielleicht auch, weil es so günstig ist):
Ich habe es mir gekauft und angefangen, danach zu lernen, allerdings fand ich es etwas mühsam – geklöppelt werden hier typische Spitzen aus dem Erzgebirge, mit einem Schwerpunkt auf Flechterverbindungen (das sind diese längeren Stege), die ich weder besonders hübsch noch einfach finde (auf dem Cover sieht man die Art der Spitze und übrigens auch die Hülsenklöppel).
Dieses Buch basiert auf denselben technischen Zeichnungen:
Es ist ein nur sehr knapper Lehrgang, hat dafür aber einige Klöppelbriefe und Anleitungen für modernere Projekte (überwiegend Dekostücke – finde ich persönlich scheußlich, haben aber ganz offensichtlich ihre Fans).
Ein Klassiker ist dieses hier:
Es ist der Reprint eines Lehrwerkes aus den 40er Jahren – ebenfalls sehr flechterlastig. Interessant, aber zum Lernen meiner Meinung nach nicht besonders gut geeignet.
Dann habe ich noch dieses hier:
Es ist das Buch, nach dem ich als Elfjährige meine ersten Versuche gemacht habe, und es ist nicht so schlecht, geht allerdings nicht besonders in die Tiefe. Am Ende bin ich dann doch bei diesem hier geblieben:
Das hatte ich schon ganz erbost wieder in die Bücherhalle zurückgebracht, weil ich den belehrenden Tonfall unerträglich fand (“Dies wollen wir uns gut merken.” …) . Tatsächlich bietet es aber einen gut verständlichen Lehrgang, mit Aufgaben, die einen herausfordern, aber zu bewältigen sind, und rund 100 Klöppelbriefe für Torchonspitzen – finde ich hübscher als Flechterspitzen und man hat schnellere Erfolgserlebnisse.
Das Buch ist nur noch antiquarisch zu bekommen und nicht ganz billig, es lohnt sich aber – übrigens auch, wenn man nur eine Ausgabe ohne die Klöppelbriefe als Beilagen bekommt. Den Lehrgang kann man trotzdem machen, man muss nur die Briefe selber abzeichnen. Oder man kopiert sie, so wie ich, aus einem Bibliotheksexemplar.
Das Buch ist für das Klöppeln auf dem Flachkissen geschrieben, man muss also, wenn man auf einer Rolle klöppelt, die Erklärung der Handhaltung etc. ignorieren. Und: Die Grundelemente des Klöppelns, Kreuzen und Drehen (der Klöppelpaare), führt man, je nach Kissen, in unterschiedlicher Reihenfolge aus. Auf dem Flachkissen ist ein Ganzschlag: Kreuzen-Drehen-Kreuzen-Drehen. Auf der Rolle, wo die abgelegten Klöppel nicht liegen bleiben, sondern runterhängen, drehen sich gedrehte Klöppel natürlich wieder auf. Dort ist ein Ganzschlag also: Drehen-Kreuzen-Drehen-Kreuzen. Das muss man also bedenken und entsprechend anders umsetzen, ist aber nicht so wild, wie es sich anhört.
Mir gefielen meine Spitzen anfangs nicht besonders, sie waren irgendwie so lose und dünn, bis ich ein bisschen mit dem Vergrößern und Verkleinern der Klöppelbriefe bzw. mit verschiedenen Garnstärken experimentiert habe. Das ist interessant und lehrreich. Die Bezeichnung der Garnstärken finde ich total unübersichtlich, hilfreich dafür ist eine Farbkarte mit allen Garnstärken, die man online im Versandhandel für Klöppelbedarf bekommen kann.
Den Lehrgang habe ich nun fast durch und jetzt endlich die erste Spitze in Arbeit, die auch wirklich ein Kleidungsstück zieren soll – wenn ich das mit dem Ecken klöppeln hoffentlich gemeistert haben werde. Wie es dann weitergeht, weiß ich auch noch nicht recht. Ob die dann erlernten Techniken ausreichen, um auch andere Arten von Spitze zu klöppeln? Oder ob ich auf die Suche nach dem nächsten Lehrbuch gehen muss? Oder eben doch mal einen Kurs machen …