Ein Business-Kostüm

… hab ich genäht – aus Versehen.

Diesen taubenblauen Wollstoff hatte ich noch in der Kommode, und ich brauchte einen Rock. Meine Kostüme und Ensembles aus Wollstrick haben sich im vergangenen Winter als ideale Homeoffice-Kleidung erwiesen. Damit waren sie aber aus der “gut angezogen”- in die “gemütlich angezogen”-Ecke meines geistigen Kleiderschrankes umgezogen, und man braucht ja gerade in diesen Zeiten immer mal das Gefühl, richtig gut angezogen zu sein, oder?


Der Rock entstand also nach meinem Grundschnitt und recht zügig, aber dann war gerade noch so ein Rest vom Stoff übrig, der nach nach einer dazu passenden Jacke rief – wenn auch nur nach einer ziemlich kurzen.
Der Schnitt, den ich verwendet habe, ist ganz typisch 30er Jahre, und ich verbinde sentimentale Erinnerungen mit ihm – nicht nur war es mein allererstes originales Schnittmuster, sondern das Kostüm auch das erste authentische Kleidungsstück, das ich genäht habe. Und ich habe meinen Mann darin kennengelernt. So ein Glück!

Nun also eine weitere Jacke danach, und ich kann sagen, dass diese bei aller Nostalgie doch um einiges professioneller und schöner aussieht als ihre Vorgängerin. Allerdings wurde mir erst irgendwann unterwegs klar, was ich da gerade nähte: ein waschechtes Business-Kostüm, elegant, kleinkariert, dezente Farbe. Sowas trage ich eigentlich gar nicht.
So kann es sein, dass ich die Jacke nicht allzu oft anziehen werde, aber der Rock wird im nächsten Winter ganz sicher ein Standard!

Noch was zur Bluse: Die ist mal wieder aus Viskosecrepe, und ich freue mich vor allem über die Knopflöcher. Die habe ich nämlich jahrelang gemieden, weil ich das mit meiner alten Maschine nie gut hinbekomme. Lieber hab ich regelmäßig schwadroniert, wie cool es wäre, sich mal die Zeit zu nehmen und zu lernen, wie man Knopflöcher von Hand näht. Ja, und neulich saß ich dann drei Tage lang im Kinderzimmer fest und wartete auf ein Testergebnis; eine sehr spezielle Erfahrung vor allem von großer Ruhe. Wahrscheinlich so ähnlich wie eine Auszeit im Kloster. Nur mit Handarbeiten. Jedenfalls habe ich mir dann mal all die Schächtelchen mit Kopflochseide vor die Tür stellen lassen, die ich noch genauso von meiner Großmutter geerbt und nie benutzt habe.

Und dann hab ich Knopflöcher gemacht, erst groß, dann immer kleiner. Und so sehen nun die an meiner Bluse aus:

Dass ich mir das endlich angeeignet habe, macht mich extrem zufrieden, und es war natürlich überhaupt nicht besonders schwer.
Ich habe dann insgesamt meine Handnäherei mal auf Seidengarn umgestellt, das viel angenehmer zu verarbeiten ist als Polyester, musste aber feststellen, dass es hier heutzutage kaum verschiedene Stärken davon zu kaufen gibt. Die Vielfalt meiner Erbstücke findet man definitiv nicht mehr. Vielleicht werde ich noch im englischsprachigen Raum beim Bedarf für historische Handarbeiten fündig, mal sehen.

Weniger erfreulich ist, dass ich immer noch mit meinem Foto-Setting hadere, und das ist auch der Grund für meine spärlichen Blogposts im Moment. Um nun aber doch endlich mal wieder am MeMadeMittwoch teilnehmen zu können, habe ich mich am Montag in einer kurzen Hagelpause in unseren Eingang gestellt – sind aber mal wieder eher Beweisfotos. Naja, das wird auch noch – jetzt, wo ich Knopflöcher kann …

10 thoughts on “Ein Business-Kostüm

  1. Oh wie wunderschön! diese farbe und der tolle Kragen, ganz große Klasse. der rock ebenso schön und passt wunderbar in deinen Kleiderschrank. Da ist Dir wirklich etwas tolles gelungen, alle Mühe hat sich gelohnt. Meinen größten Repsekt vor Knopflöchern mit der Hand. LG Kuestensocke

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  2. Da warst du sehr fleißig. Schade dass du dann eigentlich garnicht Kostüm tragen möchtest. Vielleicht kannst du die Jacke auch anders kombinieren. Dass du den Kostüm-Charakter ein wenig brechen kannst.
    Viele Grüße Elke

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  3. Ich weiß gar nicht, warum Buisnesskostüme so einen schlechten Ruf haben – der sieht super aus und das unaufgeregte Muster lässt genug Raum für entweder überladendes Beiwerk oder eben mal etwas Zurückhaltung. Ich finde das Kostüm jedenfalls super und die Beweisfotos sprechen für sich 🙂

    Liebe Grüße, Anne

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  4. Ich habe jahreleng alte Damen beim Einzug ins Heim begleitet, da wird ja meistens ein Haushalt aufgelöst und in den Nähkästchen finden sich oft solche Schätze. Leider wandert das Nähzubehör allzuoft in den Müll bei solchen aktionen… Es würde sich aber sicher lohnen bei professionellen Haushaltsauflösern nachzuforschen. Noch… Bald kommt ja eine andere Generation… Ich drücke die Daumen by the way, dein Outfit ist herrlich autentisch und verzaubernd! LG Sarah

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  5. Mir gefällt dein Kostüm sehr gut, die Jacke passt bestimmt auch zu anderen Teilen deiner Garderobe und wirkt dann nicht mehr so streng.

    Hoffentlich dürftest du zwischenzeitlich wieder aus dem Kinderzimmer raus.

    LG, Heike

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  6. Das Kostüm ist einfach nur toll, würde ich gleich so nehmen und so ein Jakett passt auch zu Jeans. Also ich nehm’s wenn du es nicht magst. 🙂

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  7. Ein sehr schönes Kostüm und Knopflöcher mit der Hand genäht! Ich bin voller Ehrfurcht! Allerdings kann ich auch eine ganze Schachtel mit ererbter Knopflichseide vorweisen, das alleine zählt aber wohl eher nicht!
    LG Monika

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  8. Dankeschön für alle lieben Worte! Ja, ich war glücklicherweise nicht infiziert und durfte nach drei Tagen wieder raus aus dem Kinderzimmer. Und bestimmt wird es auch mal Gelegenheit geben, das ganze als Ensemble zu tragen. Und wenn ich an all die weggeworfenen Näh-Nachlässe denke, wird mir ganz anders …

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