Bauhausmädels

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… lautet der Titel eines Buches, das ich von Herrn Buttonbox zum Geburtstag bekam (von Patrick Rössler, Taschen Verlag). In diesem Jubiläumsjahr begegnet einem ja das Bauhaus an jeder Ecke, was ich großartig finde, denn es interessiert und beschäftigt mich schon lange – Design von Alltagsgegenständen, Neues Bauen, die Erfindung der Einbauküche, und was das alles mit Bildern vom Menschen und von der Gesellschaft zu tun hat.  Aber natürlich auch das Lebensgefühl, das man aus heutiger Sicht mit dem Bauhaus verbindet, mit seiner Freiheitlichkeit (die keineswegs eine Gleichberechtigung bedeutete), der Aufbruchstimmung, mit den grandiosen Festen  – sehr spannend alles!
Ein höchst erfreulicher Nebeneffekt dieser momentanen Bücher- und Bilderschwemme ist, dass man viele viele Fotos von Frauen in Alltagskleidung aus den Zwanzigern zu sehen bekommt. Und das oben erwähnte Buch war auch in dieser Hinsicht eine wahre Goldgrube.

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Was schnell auffällt: Die Kleider sind sehr schlicht verglichen mit dem, was man sonst oft zu sehen bekommt. Dass eher Fest- als Alltagskleidung die Jahrzehnte überlebt hat und nun noch im Original zu besichtigen ist, ist natürlich nicht überraschend. Oft heißt es aber zum Beispiel, Versandkataloge aus der Zeit würden die Kleidung einfacher Leute authentisch wiederspiegeln, und von deren Verspieltheit, aufwändiger Schnittführung und vor allem der Auswahl der verwendeten Stoffe ist das, was auf den Fotos vom Bauhaus zu sehen ist, ganz überwiegend weit entfernt. Nun kann man davon ausgehen, dass die Frauen dort zum Einen ziemlich fortschrittlich gesonnen, zum Anderen größtenteils bitterarm waren. Über dem Charme, den die Goldenen Zwanziger versprühen, vergisst man leicht, dass die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland vor allem eine größter Armut war. Viele damalige Bauhäusler beschreiben, wie sie in den ersten Jahren auf Parkbänken übernachtet und gehungert haben. Geld für teure Kleidung auszugeben, war also sicher nicht an der Tagesordnung.

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Mir persönlich gefällt dieser schlichte Stil sehr gut, ich fühle mich glücklicherweise bestätigt in dem, was ich, den Zwanzigern möglichst authentisch nachempfunden, nähe. Was mir besonders gefällt: Mit welch lässiger Eleganz in der Öffentlichkeit Hosen getragen wurden (und das schon Ende der Zwanziger, wenn man der Datierung der Bilder glauben darf – sehr früh!). Und die vielen Blusen und Kleider mit Hemd- oder Stehkragen, oft ärmellos, am Hals mit Knopf oder Band geschlossen oder offen getragen.

Eine Hose aus Viskosecrepe hab ich mir also genäht (und auch auf der Straße getragen, jaha!), und zwei Blusen, von denen ich eine heute zeigen will:

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Den Stoff habe ich von Ruth geschenkt bekommen (ich bin ja weiterhin mit dem Vernähen meiner Stoffvorräte beschäftigt), der Schnitt ist selbstgebastelt. Ach so, und der Hut ist auch neu, und weil er mir so gut gefällt, sollte er auch mit auf’s Bild.

Jede Menge gut gekleidete Frauen gibt es auch hier beim MeMadeMittwoch zu sehen – wahrscheinlich mit etwas weniger Nerdcontent.
Viel Spaß!

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[Die Schwarz-Weiß-Fotografien in diesem Post entstammen alle dem o.g. Buch von Patrick Rössler. Käthe Schmidt, Foto von Hajo Rose; Elsa Thiemann, Selbstportrait; Martha Erps und Ruth Hollos, Foto von Erich Consemüller]

12 thoughts on “Bauhausmädels

  1. Hach, Lore, ich finde deinen Stil so umwerfend und so konsequent. Und diesen Post mag ich ganz besonders wegen der Ausflüge in die Bauhauszeit. Hütchen, Bluse und Rock habe ich ja schon “in echt” bewundert – wieder erste Klasse!
    LG
    Sandra

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  2. Interessante Fotos sind das, vielen Dank fürs Zeigen! Dein Hut ist ganz zauberhaft, ich bin ganz begeistert! Ja Bauhaus ist dieses Jahr überall, mir gefällt das. Bei meiner Mutter entdeckte ich ein sehr altes Mocca-Service in schwarz weiss, das kenne ich noch aus Kindertage – das ist auch eindeutig Bauhaus…. und sehr sehr cool. LG Kuestensocke

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  3. Vielen Dank, Ihr Lieben, schön, dass euch der Post gefallen hat!
    Der Schnitt für die Bluse besteht aus einem T-förmigen Hauptteil, an das ich den Kragen von einem anderen Schnittmuster rangebastelt habe – ziemlich simpel.
    Liebe Grüße! Frau Buttonbox

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    1. Ja, den huta hab ich nach demselben Schnittmuster genäht, wie meine anderen Hüte auch – bisschen langweilig, aber es funktioniert einfach gut. An der Ganritur hab ich allerdings recht lange rumprobiert, bin jetzt aber wirklich sehr zufrieden. Lieben Gruß!

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  4. Liebe Lore, ha, tolle “Bauhaus-Kleidung” und “Bauhausartikel”. Du ziehst das wirklich konsequent durch und das finde ich klasse. Ich habe aber noch eine Frage, hast du so viel Werbung oder erscheint die nur bei mir? Das finde ich sehr irritierend.
    Liebe Grüße Epilele

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